Führen, wenn’s darauf ankommt – was ich als Bergführer über Leadership gelernt habe

Was Führungskräfte vom Bergsteigen lernen können: Ein Erfahrungsbericht über Verantwortung, klare Entscheidungen & Leadership unter Druck.

Führungskräfte-Coaching, executive coachig  am Berg, Rene Guhl Business Coach, Mastermind Coaching
Führungskräfte-Coaching, executive coachig  am Berg, Rene Guhl Business Coach, Mastermind Coaching

Es ist kurz vor 6:00 Uhr früh.
Ich stehe vor dem Gasthaus im Nationalpark Gesäuse. In der feuchten Wiese neben dem Parkplatz glitzert der Tau. Die Ausrüstung ist gepackt, der Tag ist noch jung, und wir wollten früh starten. Die Prognose hat eine Kaltfront für den Nachmittag gemeldet. Wer am Berg unterwegs ist, weiß: Timing ist keine Kleinigkeit – es ist oft das Entscheidende.

Ich warte, doch mein Gast ist nicht zu sehen.

Der Wirt öffnet die Tür: „Ich hab ihn gerade geweckt.“
Das heute ein früher Start essentiell ist, haben wir vorab besprochen. Ein seltsamer Start für eine Tour, bei der es auf Tempo, Kondition und Vertrauen ankommt.

Im Bergsport entscheidet der richtige Moment über Erfolg oder Risiko.

Als die ersten Sonnenstrahlen die Felswände längst streifen, gehen wir los.
Der Weg zieht sich über Wurzeln, Steine und steile Serpentinen. Ich beobachte meinen Kunden: schwer atmend, langsamer als geplant. Sein Tempo stimmt nicht mit dem Anspruch der Tour und seiner Angabe überein.
Ich spüre, wie sich in mir etwas regt. Noch bin ich ruhig, aber innerlich rechne ich schon: Wie viel Zeitpuffer bleibt uns wirklich?

Oben in der Wand ändert sich alles. Der Felsqualität ist top, die Bewegungen werden rhythmisch. Die Sonne wärmt den Rücken. Wir sind im Flow.
Die Körpersprache meines Kunden zeigt: Jetzt ist er in seinem Element. Seine Klettertechnik ist solide und die Schlüsselstellen kann er gut meistert.

Und doch: Als plötzlich der Wind dreht und aus einer anderen Richtung zu wehen beginnt, wird mir klar: Jetzt ist der Point of Return.
Die Kaltfront ist näher, als gedacht.
Zeit für eine Entscheidung. Ich reiche ihm das Abseilgerät, erkläre die nächsten Schritte. Er schaut mich fragend an: „Wie geht das nochmal?“

Stille.

In mir zuckt es etwas zusammen.
Er hatte gesagt, er könne sich selbstständig abseilen und hat angeblich 25 Jahre Klettererfahrung.
Ich erkenne: Das stimmt nicht ganz.
Der Moment verändert alles.
Nicht nur, weil er mich angelogen hat, sondern, weil wir jetzt in einer 400 Meter hohen Wand hängen und ich die Verantwortung trage.

Führung heißt jetzt: Ruhe bewahren. Verantwortung übernehmen. Vertrauen ausstrahlen.
Während der Himmel immer dunkler wird, beginne ich ihm Schritt für Schritt zu erklären, wie das Abseilen funktioniert.

Beim Abseilen richtet der Bergführer alles für den Gast ein: das Seil, das Abseilgerät, die Selbstsicherung und den Endknoten am Seilende. Sicherheit an erster Stelle!
Erst wenn alles geprüft ist, seile ich mich als erstes 45 Meter ab zum nächsten Standplatz. Dort sichere ich mich und will gerade das Kommando zum Abseilen geben.
Da sehe ich: Das Seil ist nicht mehr im Abseilgerät des Gastes.

Zum Glück ist die Selbstsicherung noch eingehängt.
Aber: Wenn er diese Sicherung auch noch aushängt, dann...

Ich reagiere sofort und rufe nach oben, aber der stake Wind macht es nicht einfach.
Ich spreche laut, aber ruhig. Deutlich, aber nicht scharf.
Ich leite ihn Schritt für Schritt an, damit er das Seil wieder korrekt einlegt.

Er schafft es. Langsam, aber wir verlieren Zeit.
Und dann passiert es: Kurz vor der letzten Seillänge erreicht uns die Kaltfront.
Hagel prasselt auf unsere Helme und die Temperatur fällt schlagartig.
Mein Gast kann seine Finger nicht mehr spüren.
Ich helfe ihm, ziehe ihm die Kletterschuhe aus, Socken und normale Schuhe an. Er ist völlig durchgefroren.

So schnell die Kaltfront gekommen ist, war sie dann auch wieder weg und wir stiege bei Sonnenschein zurück ab ins Tal.

Was ich daraus über Führung gelernt habe:

Diese Tour ist mittlerweile über 13 Jahre her.
Und doch ist sie mir als eine Art Wendepunkt im Gedächtnis geblieben. Nicht wegen des Schreckmoments, sondern wegen dessen, was sie mir über Menschen, Kommunikation und Entscheidungen beigebracht hat.
Weil sie mir deutlich gezeigt hat, was Führen wirklich bedeutet:

  • Menschen dort abzuholen, wo sie wirklich stehen, und nicht wo sie sich selbst sehen.

  • Entscheidungen nicht nur für sich selbst zu treffen, sondern für andere.

  • Kommunikation auch in kritischen Momenten klar, ruhig und empathisch zu halten.

  • Sich selbst treu zu bleiben, auch wenn die Umstände fordern.

  • Und, auf sein Bauchgefühl zu hören.

Was Führungskräfte vom Berg lernen können:

Die Bergwelt ist ein Spiegel.
Sie zeigt dir, wie du unter Druck reagierst. Nicht, wie du im Meetingraum sprichst.
Sie zeigt dir, ob du führen kannst, wenn’s wirklich darauf ankommt, oder nur verwalten.
Und sie zeigt dir, wie es ist, wenn du Menschen begegnest, die nicht das leisten, was sie versprochen haben. Und wie du trotzdem den Überblick behältst.

In meinem Führungskräftecoaching kombiniere ich genau diese Erfahrung mit fundierter Coachingpraxis:

  • Outdoor-Erlebnisse mit echter Relevanz

  • Reflexion & Klarheit über das eigene Führungsverhalten

  • Konkrete Learnings für den Führungsalltag

Fazit: Führung lässt sich nicht delegieren. Aber entwickeln.

Führen heißt: Verantwortung übernehmen. Entscheidungen treffen. Grenzen erkennen. Vertrauen aufbauen.
Nicht perfekt sein, sondern bewusst.

Wenn du Führung nicht nur managen, sondern leben willst, dann begleite ich dich auf deinem Weg.
Am Berg. Und im echten Leben.

Mehr zum Führungskräftecoaching am Berg →

© Rene Guhl